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Der Nachwuchs am Collège in St. Pierre d’Albigny blickte einen Tag lang über die Grenze

Saint Pierre d’Albigny. Ab Klassenstufe acht, sprich mit 13 Jahren, müssen französische Schüler eine zweite Fremdsprache erlernen. Deutsch ist da mit im Angebot. Um für das Idiom der Remstäler zu werben, luden die „Germanisten“ der Abschlussklassen zum deutsch-französischen Tag ein: mit Schwarzwälder Kirschtorte und dem Film „Das weiße Band“.

Das Länder-Quiz machte den kleinen Franzosen Kopfzerbrechen, dafür gab’s deutsches Essen.

„Deutschland entdecken“, so lautete die Losung im Collège „Les Frontailles“. Bei einem Landes-Quiz, das auch unsereinen auf die Probe stellen würde, standen nicht nur Johannes Brahms und Angela Merkel Pate. Weil Liebe durch den Magen geht, köderte Küchenchef Monsieur Bonnevie im Collège der Kernener Partnergemeinde St. Pierre d’Albigny die jüngeren Schüler mit Königsberger Klöpsen, Kartoffeln und Rosenkohl. Und zum Nachtisch gab’s Schwarzwälder Kirschtorte. 420 Gerichte wurden in der Schulkantine ausgeteilt.„Die Schwarzwälder Torte (La forêt noire) war der Renner“, sagt Madame Ulliel, derzeit einzige Deutschlehrerin am Collège.

Weil sich – nach unserer deutschen Klassenzählung – die französischen Achtklässler für eine zweite Fremdsprache entscheiden müssen, rührten die älteren Germanisten am Collège einen Tag lang die Trommel bei den Sechsern und Siebenern. Deutsch gilt vielen Franzosen noch immer als Buch mit sieben Siegeln. Deshalb wählen sie nach dem obligatorischen Englisch bevorzugt Spanisch, ersatzweise auch Italienisch (denn das Piemont liegt nah), aber erst an dritter Stelle Deutsch als zweite Fremdsprache.

„Leider zeigt die Tendenz für Deutsch an unserer Schule nach unten“, sagt Schulleiter Yves Fioretti. In der Abschlussklasse sind es derzeit sieben Schüler, eine darunter 14, die die schwierige Sprache der Partner im Remstal pauken.

Das französische Schulsystem zählt die Klassen anders durch als das deutsche. Nach der einschließlich Vorbereitungskurs fünfklassigen Grundschule (école élémentaire) beginnen die Collegiens als Elfjährige in der „Sechsten“ als Einstiegsklasse. Die folgende ist die Fünfte. Da von oben nach unten gezählt wird, beginnt das vierstufige Collège mit der sechsten und endet mit der dritten Klassenstufe, die im deutschen Schulsystem in etwa unserer Realschul-Abschlussklasse entspricht. Etwas kompliziert auf den ersten Blick. Genau diesen Blick über die Grenze wollten die älteren Schüler den jüngeren, die vor der Wahl der zweiten Fremdsprache stehen, etwas erleichtern.

Am Ende ein deutscher Film

Wie heißt das Tier im Stadtemblem von Berlin? Welchen Spitznamen hat die deutsche Punk-Rock-Frontfrau Christina Klein? Wer hat das Märchen Hänsel und Gretel niedergeschrieben? Wie heißt der deutsch-französische Fernsehkanal? Und: Was wird in Deutschland am sechsten Dezember gefeiert? Solche Fragen mussten sich die Elf- und Zwölfjährigen gefallen lassen. Als Preis winkte ein Kopfhörer und eine CD-Box. Auf Initiative des Partnerschaftskomitees schauten 35 Franzosen im Kino „Le Flore“ noch den mit der Goldenen Palme ausgezeichneten Streifen „Das weiße Band“ von Michael Haneke: In einem trügerisch ruhigen Horrorfilm deckt er die Grausamkeiten auf, die Menschen sich in einem kleinen deutschen Dorf antun.

Quelle Waiblinger Kreiszeitung vom 28.01.2010

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