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Frühstück mit Schwarzbrot, Wurst und Käse in den Grundschulen von St. Pierre d’Albigny / Deutschschüler gewonnen

Waiblinger KreiszeitungSt. Pierre d’Albigny/Kernen. 50 Jahre deutsch-französische Freundschaft. Die Germanophilen in St. Pierre d’Albigny feiern den Tag der Vertragsunterzeichnung Jahr für Jahr. Auch heuer wieder – mit kulinarischen Leckerbissen an den zwei Grundschulen und im Collège. Im Kino Le Flore läuft „Barbara“. Das Ziel: Appetit machen auf die deutsche Sprache.

Waiblinger Kreiszeitung vom 25.01.2013 FotoSeit Jahren begeht das rührige Partnerschaftskomitee im savoyardischen St. Pierre d’Albigny den Geburtstag des Elysee-Vertrages mit künstlerischen und kulinarischen Werbeaktionen für Deutschland. Ob sich die Staatspräsidenten anlässlich des Vertragsjubiläums die Hände reichen oder nicht, an der französischen Basis, die sich unermüdlich für den grenzüberschreitenden Brückenbau einsetzt, spielt das keine große Rolle. Traditionell serviert der Partnerschaftsverein den Schülern in der Woche des 22. Januar ein üppiges, rustikales deutsches Frühstück: Schwarzbrot, Weckla, Wurst, Käse, Butter, Marmelade und Fruchtsaft – das ganze Programm. Gefolgt von einem Dia-Vortrag über den deutsch-französischen Alltag.

Liebe geht durch den Magen, das wissen die Franzosen. Kinder in den zwei Grundschulen auf den Geschmack für Deutsch als Fremdsprache zu bringen, ist das Hauptziel. Gestern früh verdrückten 98 Schüler der katholischen Ecole Primaire Jeanne d’Arc Schwarzbrot mit deutschem Käse drauf. Die Kinder genossen es, nachdem sie sich zuvor gegenseitig auf Deutsch „Guten Appetit“ gewünscht hatten.

Waiblinger Kreiszeitung vom 25.01.2013 Foto1Im Collège „Les Frontailles“ büffeln derzeit 18 Schülerinnen und Schüler Deutsch, elf in der achten, sieben in der neunten Klasse. Das ist mehr als in den Vorjahren. Fürs nächste Jahr erwartet Raymond Becouse, der frühere Präsident des Partnerschaftsvereins in St. Pierre, 14 Deutsch-Schüler in der achten. Ein spürbarer Erfolg der Bemühungen seines Vereins, die deutsch-französische Freundschaft in die Schulen zu tragen. „Die Zunahme ist das Ergebnis der exzellenten Leistung von Madame Ulliel, unserer Deutschlehrerin“, sagt Raymond Becouse, „unterstützt vom Deutsch-Mobil des Goethe-Instituts, das seit drei Jahren kommt, und den zahlreichen Aktionen unseres Partnerschaftskomitees in den Grundschulen.“

Postkarten nach Stetten

Die 60 Aktiven sind findig. Dieses Jahr organisierten sie neben dem deutschen Frühstück eine Postkartenaktion, bei der die Schüler der Ecoles Primaires und im Collège Karten an die Gleichaltrigen in Stetten verschicken werden.

Nach Englisch wählen die Mittelschüler in St. Pierre d’Albigny mehrheitlich Spanisch. Es folgt Italienisch, dann Deutsch. Ob die eigens gekochten Königsberger Klopse mit Schwarzwälder Kirsch (ohne Obstler) als Nachtisch weitere Collégiens für deutsche Lebensart gewonnen haben, wird sich zeigen. Der Film „Barbara“ mit Nina Hoss in der Hauptrolle, den der Partnerschaftsverein im Kino Le Flore zeigte, gab den Schülern aber einen Vorgeschmack auf die Kultur des Nachbarlands.

Freundschaft, weniger sichtbar

Die Franzosen in der Region Rhône-Alpes sind, was die deutsch-französische Jumelage betrifft, ungeheuer rührig. 44 Partnerschaftsvereine organisierten in der Jubiläumswoche deutsche Frühstücke für ungefähr 10 000 Schüler. Sie verteilten 6000 Postkarten mit der Bitte an die jungen Franzosen, sie den Kameraden jenseits des Rheins zuzusenden. Das alles unter der Schirmherrschaft und Regie der „Acteurs Franco-Allemands Pour l’Europe“, eines Dachverbandes der französischen Partnerschaftskomitees der Region, der vor dreieinhalb Jahren gegründet wurde. Raymond Becouse ist ihr Vize-Präsident.

„Die deutsch-französische Freundschaft ist lebendig und tiefer als zu Beginn“, urteilt Becouse, der die alte Freundschaft in den europäischen Rahmen einbetten will. „Sie ist weniger sichtbar, aber lebt mehr im Alltag. Wir sind von der Leidenschaft des Anfangs zu einer bedachten, entschiedenen Liebe übergegangen.“ Der Vize-Chef von l’AFAPE Rhône-Alpes steht voller Leidenschaft hinter der Idee des Brückenbaus.

„Die wieder erwachende Partnerschaftsdynamik auf französischer Seite ist da“, sagt er. „Viele sind hier der Auffassung, dass die Phase der gegenseitigen Glückwünsche auch wieder den gemeinsamen Aktivitäten Platz machen sollte. Auf deutscher Seite erscheint uns die Dynamik – aus französischer Sicht – weniger sichtbar.“

Quelle: Waiblinger Kreiszeitung vom 25.01.2013, Hans-Joachim Schechinger

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