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Mit 86,8 Prozent überwältigende Wahlbeteiligung bei der Präsidentschaftswahl / Le Pen stark in St. Rambert d’Albon

Kernen/St. Pierre d’Albigny. Frankreich hat am Sonntag mit hoher Wahlbeteiligung gewählt. Ein Sieg für die Demokratie, schreiben die Kommentatoren. Auch, weil die Rechtsextremen mit 10,5 Prozent einen kräftigen Dämpfer erhielten. In den zwei Kernener Partnergemeinden lag der Chauvinist Le Pen trotzdem überm Durchschnitt: 12,4 Prozent in St. Pierre d’Albigny, gar 16,34 in St. Rambert d’Albon.

„Alles in allem haben die Weingärtner in St. Pierre traditionell gewählt“, kommentierte unser Korrespondent Christian Milandre gestern das Ergebnis des ersten Wahlgangs in St. Pierre d’Albigny. Der Reporter bei der Tageszeitung „Le dauphiné liberé“ hatte für die erste Runde der Präsidentschaftswahl „Überraschungen“ erwartet, die so nicht eintrafen. Denn die bekennenden Chiracisten unter den Weingärtnern in St. Pierre ließen den UMP-Kandidaten Nicolas Sarkozy mehrheitlich nicht hängen, um – wie befürchtet – Le Pen zu wählen. Und auch der Hoffnungsträger der Zentristen, Francois Bayrou (UDF), der aus dem überholten Rechts-Links-Schema in Frankreich ausbrechen will, brachte trotz beachtlicher 20 Prozent in St. Pierre d’Albigny (frankreichweit 18,55 %) die Konkurrenten Ségol‘ene Royal (PS) und Nicolas Sarkozy (UPM) nicht in Gefahr. Sarkozy erzielte 29,6 Prozent (landesweit 31,11 %), Royal 24,22 Prozent (frankreichweit 25,83 %).

Eines wird aber überdeutlich – in St. Pierre d’Albigny wie in St. Rambert d’Albon, der Partnergemeinde von Rommelshausen im Rhône-Tal, 80 Kilometer südlich von Lyon: Dort, wo der Rechtsextremist Le Pen zulegte, ging es auf Kosten von Sarkozy, dem bisherigen Innenminister. Ihn hatte Le Pen im Wahlkampf des Präsidentenamtes für unwürdig erklärt, weil er Kind ungarischer Einwanderer ist. Le Pen brachte es in St. Pierre auf 12,4, in St. Rambert gar auf 16,34 Prozent. Entsprechend zog Sarkozy hier den Kürzeren: 27,43 Prozent.

Der Vergleich mit dem Resultat im Département Dr^ome, in dem die kleine Gemeinde St. Rambert d’Albon liegt, ist hier höchst aufschlussreich: Hier brachte es Sarkozy auf 29,92 Prozent. Le Pen erreichte gerade mal 11,96 von Hundert. Die extreme Rechte des Front National scheint in der Partnergemeinde eine Hausmacht zu haben. Traditionell hält der Front National im Osten Frankreichs (Elsass) und im Rhône-Tal abwärts bis zum Mittelmeer (Orange, Toulon) ein paar sichere Bastionen.

Die sozialistische Kandidatin Ségol‘ene Royal hielt sich in zwei Partnergemeinden vergleichsweise gut: mit 24,22 Prozent in St. Pierre und 24,9 Prozent in St. Rambert d’Albon. Im Département Dr^ome kam die Kandidatin auf 24,23 Prozent, in Savoien sackte sie auf 21,83 von Hundert ab. Gemessen daran sind die 24,22 Prozent in St. Pierre, einer konservativ geprägten Weinbaugemeinde, ein guter Erfolg. Interessant ist auch, dass Royal im Nachbardorf St. Jean de la Porte sogar deutlich vor dem UMP-Konkurrenten liegt. Anders in Freterive: Dort hat Sarkozy die Nase vorn.

Die letzte Meinungsumfrage vor der Wahl am Freitagabend hatte Jean-Marie Le Pen mit 18 Prozent vor Francois Bayrou gesehen. Dass der rechtsextreme Populist – in den 80er Jahren wurde er wegen seiner Behauptung, die Gaskammern der Nazis seien nur eine unbedeutende Fußnote der Geschichte gewesen, zu einer saftigen Geldstrafe verurteilt – nun einen kräftigen Dämpfer erhielt, wird in Frankreichs Zeitungen als Sieg der Demokratie gefeiert. Aber auch die außergewöhnlich hohe Wahlbeteiligung von 84,6 Prozent, eine der höchsten seit 1958, beflügelt die Franzosen. Im kleinen St. Pierre lag sie mit 86,81 Prozent sogar noch etwas über dem Landesdurchschnitt. Ein Blick in die Turnhalle am Sonntagvormittag sprach Bände: Eine lange Schlange vor der Wahlurne. Teilweise bis zu einer Dreiviertelstunde warteten die St. Pierrois, bis sie ihren Wahlzettel einwerfen durften. „Und abends hatten wir nicht die geringsten Anzeichen von Freude oder Traurigkeit in den Straßen“, erzählt Christian Milandre. Gespannt auf die ersten Ergebnisse saßen alle vor der Glotze.

Quelle:
Waiblinger Kreiszeitung vom 24.04.2007
Text: Hans-Joachim Schechinger

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