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Jens Dietzel will nach dem Studium an der Uni Mannheim Französisch unterrichten. Was liegt für einen Stettener da näher als ein Praktikum in St. Pierre d’Albigny? Der 24-jährige Student vertiefte drei Wochen lang in der savoyardischen Partnergemeinde nicht nur seine eh guten Sprachkenntnisse. Er schnupperte während des Praktikums auch im Rathaus, half dort in allen Büros mit. Eine Partnerschafts-Premiere.

Zum Schluss gab’s ein Geschenk. Pierre Guidat (links) überreichte es Jens. Bürgermeister Borgel (neben Guidat) fand warme Dankesworte. Foto: ZVW

„Das Rathaus in St. Pierre d’Albigny ist viel kleiner als in Kernen“, sagt Jens Dietzel. Während in den Büros in Rommelshausen 30 Verwaltungsmitarbeiter sitzen, kommt das Rathaus in St. Pierre d’Albigny auf ungefähr zwölf. Entsprechend größer sind dort ihre Aufgabenbereiche. Praktikant Jens Dietzel durfte während der drei Wochen, in denen er beim Partnerschaftspräsidenten Vivian Pichard wohnte, in allen Büros einen Nachmittag lang französische Amtsstubenluft schnuppern. Unter der Obhut des zweiten Beigeordneten Pierre Guidat durchlief der Student das volle Programm, erledigte einfache „Ablagenaufgaben“ und entdeckte nebenbei die Unterschiede zwischen deutschem und französischem Verwaltungshandeln.

„Vieles ist gleich“, sagt der 24-Jährige, „aber vieles ist auch bürokratischer, hierarchischer aufgebaut.“ Beispiel: die Communauté de communes. Während in Deutschland in den 70er Jahren die Gemeindegebietsreform mehrere Gemeinden zu größeren Verwaltungseinheiten fusionierte, seien in Frankreich für die Mini-Kommunen zusätzliche übergreifende Verwaltungsebenen wie die Communauté „Combe de Savoie“ eingezogen worden. Zu St. Pierre d’Albigny gehören hier die Nachbarn Cruet, Saint-Jean de la Porte und Fréterive.

Im Collège durfte Jens hospitieren

„Die Leute hier sind komplett herzlich“, berichtet Jens. Jeder habe sich Zeit genommen. Die Familie des Partnerschaftsvereins-Chefs Pichard, die ihn überaus herzlich aufgenommen habe, nahm ihn auch mit zu Freizeitaktivitäten. Jens besuchte Chambery, Aix-les-Bains und Lyon. Sogar am Collège Les Frontailles, wo Deutsch unterrichtet wird, durfte der Gast aus Deutschland hospitieren. Jens Dietzel, der später mal als Lehrer in Deutschland Französisch und Englisch unterrichten wird, lernte auch hier Unterschiede kennen.

Schließen hierzulande Lehramtsstudenten ans bestandene Staatsexamen ein schulpraktisches Referendariat an, stellen sich Franzosen nach der Uni einem concours (Wettbewerb), der ihnen ohne vorbereitendes Referendariat direkten Zutritt zum Schuldienst erlaubt. Der im Collège in St. Pierre unterrichtende Deutschlehrer, der früher Anwalt in Deutschland gewesen war, habe den Concours bestanden und sei postwendend in den Schuldienst übernommen worden, erzählt Jens. Andere Länder, andere Sitten. Die Fluktuation in den Lehrerzimmern sei hoch. In Frankreich verdienten Lehrkräfte ein Drittel weniger als in Deutschland. Jens Dietzel besuchte zum ersten Mal die Partnergemeinde über der Isère. Bei einem Arbeitstreffen der Partnerschaftsgesellschaften im Oktober hatte Sabine Urbanke das Projekt angeregt. Die Franzosen, allen voran Vorsitzender Vivian Pichard und Bürgermeister Jean-Michel Borgel waren höchst angetan. Eine Premiere also, die fortgeführt werden soll.

Hausaufgabe: Die Schilder zweier Weinerlebnispfade übersetzen

Romanistik-Student Jens Dietzel hat vom Rathaus in St. Pierre auch Hausaufgaben nach Deutschland mitgebracht: Er wird zum 40. Geburtstag der Partnerschaft für die Jubiläumsfeier im nächsten Jahr in Frankreich die Beschilderung zweier Weinerlebniswege ins Deutsche übersetzen. Auf Weinpfaden in St. Pierre und in St. Jean de la Porte können sich die Gäste dank Jens dann künftig auf Deutsch informieren.

Quelle: Waiblinger Kreiszeitung vom 27.01.2012 Text Hans-Joachim Schechinger

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