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Europäische Verfassung Thema beim Partnerschaftsverein Stetten

Waiblinger KreiszeitungKernen-Stetten (schi). Zur Europäischen Konstitution wird in Frankreich das Volk gefragt. Ein Ja ist fraglich. 44 Prozent der Franzosen lehnen sie ab. „Wer für die Verfassung etwas tun will, muss im Rahmen von Städtepartnerschaften in Frankreich bis Mai mit möglichst vielen Menschen ins Gespräch kommen“, so der Europa-Abgeordnete Rainer Wieland bei der Hauptversammlung des „Partnerstadtvereins Stetten/St. Pierre d’Albigny“. Das Thema treibt auch die St. Pierrois um.

Am 1. März versammelten sich Bürger in der Kernener Partnergemeinde St. Pierre d’Albigny zu einer Informationsveranstaltung. Thema: die Europäische Verfassung. Ein Abend, der auf breite Resonanz stieß, wie Sabine Urbanke, die Vorsitzende des Partnerschaftsvereins, berichtete: „Die Franzosen sind hier sehr rührig.“ Am 29. Mai steht die EU-Verfassung in Frankreich zur Abstimmung. Laut einer Umfrage der Tageszeitung Le Monde vom Freitag entzündet sich Kritik an der neuen EU-Verfassung am Türkei-Beitrittsgesuch und an den sozialen Verwerfungen, mit denen Frankreich konfrontiert ist. Die Linke zeigt sich gespalten. Der CDU-Abgesandte in Brüssel, Rainer Wieland, weiß um die Stolpersteine. „Wir werden leider die französische Entscheidung mit großer Sorge beobachten müssen. In Frankreich ist die Stimmung am Wackeln entlang der Dienstleistungs-Richtlinie. Tschechien und Polen könnte schwierig werden. Ich weiß auch nicht, ob die Engländer das hinkriegen.“

Die Dienstleistungs-Richtlinie, die europaweit für den Service-Sektor einfordert, was für den Markt der Güter unangefochtene Praxis ist, nämlich freier Wettbewerb, wird jenseits des Rheins argwöhnisch beäugt – Munition für Verfassungs-Kritiker.

Politisch sei das Projekt Verfassung gestorben, wenn Frankreich abhanden komme, sagte Wieland. Das „Europa der zwei Geschwindigkeiten“ würde hinfällig. Bei diesem Notszenario spielen Deutschland und Frankreich im Falle starken Widerstands durch andere EU-Länder die Schrittmacherrolle im Integrationsprozess. Sabine Urbanke wollte wissen, warum denn die Deutschen in dieser Frage nicht zur Volksabstimmung aufgerufen würden. „Ich glaube nicht, dass wir das Thema Volksabstimmung entlang der strittigen Frage Europäische Verfassung diskutieren sollten“, entgegnete Wieland. Im Übrigen sehe es so aus, als ob es im Bundestag eine breite Zustimmung geben werde.

Rechtsanwalt Rainer Wieland, seit 1997 Mitglied des Europaparlamentes, erklärte das Prinzip der doppelten Mehrheit, den Primat einer europäischen Außenpolitik, den Grundsatz der Subsidiarität. Der Stettener Partnerschaftsengagierte Knut Bormann hakte nach, ob die botschaftsähnlichen bayrischen und baden-württembergischen Landesvertretungen in Brüssel denn zum Subsidiaritätsprinzip noch passten. „Für mich ist klar, dass Raumschaften und Regionen eine Geige spielen müssen in Europa“, so Wieland. Wohlverstandenen Lobbyismus begrüße er unterm Strich, „auch wenn das der deutsche Botschafter in Brüssel nicht so positiv sieht“.

Der Gerlinger CDU-Europaabgeordnete war zur Hauptversammlung des Stettener Partnerstadtvereins angereist, um ein Kurzreferat, für das ihm vergangenen Herbst beim Besuch der deutsch-französischen Delegation in Brüssel die Zeit gefehlt hatte, nachzuholen. Thema im Partnerstadtverein auch: die Agenda 2005. Eines der Highlights ist die Einweihung der neuen Festhalle (Salle des fètes) in St. Pierre. Überraschend haben die Franzosen die offizielle Einweihungsfeier, die auf den 7. Mai terminiert war, vorverlegt auf kommenden Ostersamstag. Geladen sind Parlamentsvertreter, Sponsoren und die Bürgermeister des Verwaltungssprengels, auch Bürgermeister Stefan Altenberger, der davon erst am Samstagabend erfuhr und offenbar verhindert ist.

Zur nurmehr inoffiziellen Einweihung am Wochenende nach Christi Himmelfahrt mit örtlichen Vereinen und Honoratioren wird eine Stettener Abordnung in Savoyen erwartet. Auf der Tagesordnung steht auf Wunsch der Franzosen, denen neuerdings das Umweltgift Dioxin auf den Nägeln brennt, auch das Thema Mülltrennung, Müllbeseitigung. Beim Gegenbesuch aus St. Pierre im November stellen die Stettener unser Entsorgungssystem vor. Künftig wird die Partnerschaft jedes Jahr unter einem neuen Thema stehen – eine Neuerung, die der deutsch-französischen Jumelage neuen Schwung und Tiefe verleiht.

Für Jugendliche tut sich bei Skifreizeiten und anderen Begegnungen wie der in Dombovar vergangenen Sommer schon sehr viel. Neu in diesem Jahr auf Initiative der Franzosen: Ein Wochenende in den Savoyer Alpen für Mittelalte und Ältere. Sie logieren gemeinsam auf einer Hütte, um von dort die grandiose Bergwelt zu erwandern.

Bei den Wahlen am Samstag wurden Sabine Urbanke als erste Vorsitzende und Manfred Medinger als deren Stellvertreter im Amt bestätigt. Auch Kassiererin Inge Kurka ist weitere zwei Jahre im Amt. Als Schriftführerin neu gekürt: die Studentin Dalmar Veltan. Heribert Schuster bleibt Kassenrevisor mit Erwin Immel, der nun Werner Jäkle ablöst. Magda Heller rückte als Beisitzerin nach.

Für 25-jährige Mitgliedschaft ehrte Vorsitzende Sabine Urbanke Lore Kirgis, Renate Streicher, Heiderose und Herbert Häbich. Ein Präsent für langjährige Treue empfing auch die langjährige Kassiererin Ingrid Hoss sowie Werner Jäkle.

Quelle: Waiblinger – Kreiszeitung vom 21.03.2005 Text: Hans-Joachim Schechinger

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